Rundgang
Der Stammbaum
Die Wittelsbacher gehören als eine der ältesten Dynastien zu den großen europäischen Adelsfamilien. Dank einer zielstrebigen Heiratspolitik nahmen sie Einfluss auf das politische Geschehen in Europa, als weltliche Herrscher und Kirchenfürsten waren sie bestimmend für die Entwicklungen des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Der "begehbare" Stammbaum stellt die wichtigsten Vertreter der Familie vom 12. bis ins 20. Jahrhundert vor und zeigt den Aufstieg des Geschlechts von den Herzögen zu den Königen von Bayern.
Saal der Könige
Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen die Erbauer von Neuschwanstein und Hohenschwangau, König Ludwig II. und sein Vater König Maximilian II. Gemeinsam war ihnen die Begeisterung für die landschaftliche Schönheit Hohenschwangaus, seine Burgen und die Faszination für das Mittelalter. Unterschiedlich jedoch war ihre Auffassung von den Rechten und Pflichten eines Monarchen. Maximilian II. sah sich mit Bezug zur Geschichte seines Hauses „stolz“ als konstitutionellen König. Sein Sohn Ludwig II. dagegen verehrte den Sonnenkönig Ludwig XIV. Doch nur in seinen Bauten konnte er sein Ideal eines absoluten Königtums Realität werden lassen.
Das Jahrhundert der Könige
Das Königreich Bayern dauerte 112 Jahre. Max I. Joseph war ab 1806 der erste König von Bayern, fünf weitere Wittelsbacher folgten ihm bis zum Ende der Monarchie auf den bayerischen Königsthron. Bayerns Könige regierten in einem Jahrhundert, in dem die Verfassung die Rolle des Königs bestimmte. Stark eingeschränkt wurde der Handlungsspielraum der bayerischen Herrscher mit der Eingliederung Bayerns in das deutsche Kaiserreich 1871.
Kunst- und Baupolitik
Bayern verdankt seinen Ruhm weniger militärischen Erfolgen als der Förderung von Kunst und Kultur. Das Königshaus nutzte die Identität stiftende Kraft von Kunst und Kultur, um die Einheit des Landes und das monarchische System zu sichern. Großzügig gebaut wurde nicht nur in der Residenzstadt München; das Pompejanum in Aschaffenburg, die Befreiungshalle in Kelheim, Schloss Hohenschwangau oder Schloss Linderhof stehen stellvertretend für diese Präsenz der bayerischen Könige in ihrem Herrschaftsbereich.
Könige im technischen Zeitalter
Maschinenbau und Elektrizität sind die Errungenschaften des 19. Jahrhunderts. Mit dem Aufbau der Infrastruktur (Ludwig-Donau-Main-Kanal, Bayerische Ludwigsbahn) ebnete Ludwig I. den Weg für die Entwicklung Bayerns vom Agrarstaat zum Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Mit dem Glaspalast gibt sein Sohn Maximilian II. dem technischen Fortschritt in Bayern ein Forum und holte führende Forscher und Gelehrte in seine Residenzstadt. Ludwig II. setzte mit dem Bau der Polytechnischen Schule (heute TU) die Politik seines Vaters fort.
Monarchie und Gesellschaft
Das 19. Jahrhundert ist geprägt vom technischen Fortschritt und großen sozialen Veränderungen. Mit Arbeitern und Industriebaronen entstehen neue Gesellschaftsschichten. Auch das bayerische Königshaus setzte sich mit den gesellschaftlichen Herausforderungen der Zeit auseinander. Monarchie und Monarch blieben fester Bestandteil der Gesellschaft. Zahlreiche Geschenke dokumentieren die Wertschätzung, die besonders Prinzregent Luitpold gesellschaftsübergreifend in allen Kreisen der Bevölkerung genoss.
Mythos Ludwig II.
Der zweifellos bekannteste Herrscher aus dem Hause Wittelsbach ist König Ludwig II. Viele Geheimnisse umranken sein Leben, Leiden und Sterben. Er wird zum Märchenkönig, zum Mythos. Bereits zu Lebzeiten war Ludwig II. ein König, der vor allem in den Bildern des schönen 18-jährigen Herrschers gegenwärtig war und bis heute ist.
Die goldene Hochzeit
Kurz vor dem Ende der Monarchie, das noch niemand ahnte, wurde die goldene Hochzeit des letzten bayerischen Königspaars Ludwigs III. und Marie-Therese im Januar 1918 gefeiert. Die Kinder schenken ihren Eltern das „Bayerische Königsservice“: jedes der in der Porzellan Manufaktur Nymphenburg hergestellten 328 Stücke zeigt Orte, die das Jubelpaar mit einer persönlichen Erinnerung verknüpfen konnte, Besitzungen der Familie und Stätten der wittelsbachischen Geschichte. Das Königspaar selbst spendete aus diesem Anlass einen hohen Geldbetrag für Arme und Kriegsversehrte.
20. Jh. und Ende der Monarchie
Mit dem Ende des Ersten Weltkriegs ging auch die Herrschaft der Wittelsbacher in Bayern zu Ende; König Ludwig III. entband seine Beamten und Offiziere vom Treueid, verzichtete jedoch nicht auf den Thron. Nach seinem Tod 1921 wird Kronprinz Rupprecht Chef des Hauses Wittelsbach. Als erklärter Gegner der Nationalsozialisten ging er 1939 nach Italien ins Exil; im Juli 1944 wurde seine Familie in Sippenhaft genommen in Konzentrationslager verschleppt.
Bayern und Wittelsbach heute
Die politische Stellung der einstigen Herrscherfamilie wurde nach 1945 abgelöst von einer Verankerung im historischen Gedächtnis des Landes. Es entwickelte sich ein problemloses Nebeneinander von einstiger Herrscherfamilie und demokratischem Staat. Nach dem Tod Kronprinz Rupprechts 1955 leitete sein Sohn Albrecht die Geschicke der Dynastie. Dessen Nachfolger Herzog Franz von Bayern ist seit 1996 das Familienoberhaupt der Wittelsbacher. Neben den Schlössern und Kunstschätzen in den bayerischen Museen blieb von den Wittelsbachern manches andere, das heute als „typisch bayerisch“ gilt. Bayern hat viele Gesichter. Eines davon ist wittelsbachisch.